Grms Mrchn

Grms Mrchn

Performance der SchülerInnen des BG Seekirchen (Gruppe Darstellendes Spiel) unter der Leitung von Wolf Junger

19. und 20. Mai 2013 im Emailwerk Seekirchen

 

Märchenhafte Momente im Hier und Jetzt

(von Leo Fellinger/Kunstbox Seekirchen)

Als der Kulturverein Kunstbox die Theatergruppe des Bundesgymnasiums Seekirchen einlud, ein Stück zu erarbeiten, das sich mit Jugend und Sprachkultur auseinandersetzen soll, hatte der Kunstbox-Intendant (Spät-68er, Anm. der Red.) schon Bilder im Kopf, die alle mit widerständigen Jugendlichen und revolutionären Sprachcodes zu tun hatten. Es sollte ganz anders kommen.

 Denn theaterpädagogische Arbeit ist keine Börse für Auftragsarbeiten, sondern fokussiert Entwicklung, Erprobung, Einstudierung und Aufführung darstellender Werke mit SchülerInnen – unter der Anleitung von (wie in diesem Fall) Lehrern mit viel Engagement. Widerstand fand sich durchaus wieder, allerdings nur gegen das ursprüngliche Thema (Sprache des Widerstands). Für die SchülerInnen im Alter zwischen 11 und 17 Jahren stand ganz etwas anderes im Zentrum ihres Interesses: Die Sprach-Diskrepanz zweier unterschiedlicher Welten: Jene der klassischen Märchen im Kontext aktueller Realität.

Seit September 2012 hatten sich die Erst- bis Siebtklässler mit dem Stück beschäftigt. Nach der Festlegung des Themas wurde es Stück für Stück weiterentwickelt. Die meiste Zeit unter der fachkundigen Anleitung von Wolf Junger, aber auch Dritte trugen etwas dazu bei – so wurde auch ein Workshop mit der österreichischen Autorin, Slammerin und Rapperin Mieze Medusa absolviert. Letztlich haben die Jugendlichen ein lebendiges, hautnahes und unmittelbares Theaterstück mit dem Titel GrmMrchn(iäe) geschaffen, das am 16. Mai seine Uraufführung im Emailwerk erlebte.

Bestens präpariert und mit sichtlicher Freude am Spiel, entführten die SchülerInnen die amüsierten Zuschauer in einen Märchenwald modernen Zuschnitts, in dem Hänsel und Gretel im Großstadtdschungel von russischen Schiebern entführt werden und verzweifelte langhaarige (Haare statt Mützen) Zwerge headbangenderweise versuchen, ihr heiß geliebtes Schneewittchen aus dem Todesschlaf zu erwecken. Diese und viele andere gängige (Grimms)- Märchenmotive werden in die Jetztzeit transportiert: Rapunzel, Rotkäppchen, Dornröschen, Froschkönig, Schneewittchen u.v.m. Der Schlusspunkt war der Auftritt des coolen Wolfs, der sich am Ende sein Fell selber über die Ohren zog und damit eher faszinierend als furchterregend auf die Mädchenwelt wirkte.

Bissig und mit junger Thematik präsentierte sich dieses lebendige Jugendtheater-Stück. Ein teils scharfzüngiges Werk, das mit kritischem Humor, aber auch streckenweise richtigem Tiefgang mit einer ganzen Märchen-Generation abrechnet. Nicht allein durch den vollkommen ineinandergreifenden Ablauf beweist das Stück eine fesselnde Wirkung auf das Publikum. Makabre Komik und Authentizität spielen hier um die Wette – und immer wieder sorgt der massive Sprachunterschied zwischen erzählenden Generationen für Lacher – aber auch für Nachdenklichkeit.

(lf)

Weitere Fotos unter:

http://www.flickr.com/photos/kunstbox/sets/72157633533335176/